25.11.2022 (Freitag, Tag 83) Christchurch

Wir sind heute um 8:30 im Frühstücksraum unten und treffen dort wieder auf das Dresdener Paar aus unserem letzten B&B.
Danach machen wir uns auf, um Christchurch etwas zu erkunden. Peti möchte einen City-Walk machen, doch für die Online-Buchung sind wir zu spät. Wir spazieren mal aufs Geratewohl hinüber zum Botanischen Garten., wo diese Stadtspaziergänge starten. Vielleicht können wir dort noch spontan mit einer Gruppe mitlaufen. Während des Wartens rattern mehrere Trams an uns vorbei, köstliche alte Trams aus ganz Neuseeland, die nicht mehr gebraucht wurden und schliesslich hier gelandet sind. In Christchurch benutzt man sie noch als Stadtrundfahrts-Vehikel. Mir scheint das die bessere Idee um die Stadt kennenzulernen, v.a. weil nicht sicher ist, ob die „Zu Fuss-Version“ klappen wird. Gesagt getan: Das nächste Tram fährt schon ein, eine Tageskarte kaufen und Hopp de Bäse. Alle paar Hundert Meter hält das Tram, man kann aussteigen, etwas besichtigen und später wieder ins nächste Tram einsteigen.

Seit 1995 fahren Straßenbahnen als Touristenattraktion wieder auf einem zweieinhalb Kilometer langen Rundkurs durch die Stadt Christchurch. Während der Fahrt erzählen die Fahrer viel über die Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Wir machen zuerst einmal eine ganze Runde mit dem Tram, so sehen wir, welche Sehenswürdigkeiten wir uns genauer anschauen wollen.  Das Wetter ist weiterhin etwas gewitterhaft, Sonnenschein und blauer Himmel wechselt sich ab mit kurzen Regengüssen.

An verschiedenen Orten in der Stadt sind immer noch Wiederaufbau-Arbeiten im Gange. V.a. für die historischen Gebäude ist das ein riesiger Aufwand. Einerseits werden die Gebäude verstärkt, andererseits holt man das Material aus Übersee. Bspw. werden Steine aus Wales herbeigeschafft, weil die Kirche bereits vorher mit diesem Stein gebaut wurde. Heruntergefallene, noch ganze Teile, wie bspw. Türmchen oder Kamine etc. stehen eingepackt bereit, um sie am Ende obendrauf zu setzen.

Da es zwischenzeitlich zu regnen angefangen hat, beschliessen wir, ins neue Museum „Quake-City“ zu gehen. Hier hat man das verheerende Erdbeben von Christchurch aufgearbeitet. Neben Erklärungen, vielen Bildern und Gegenständen gibt es auch Filmmaterial. Auf einem Film sieht man, wie unerwartet das Beben am 22.2.2011 um 12.51 Uhr die Stadt erschüttert hat. Während 40 Sekunden hat es geschüttelt. Es war das zweitstärkste Beben nach demjenigen von Darfield 2010 und wurde später als Nachbeben desjenigen eingestuft  aber die Auswirkung war viel verheerender. Es hat vor allem das Stadtzentrum betroffen. Neben 185 Toten wurden etwa 6000 Leute verletzt. Viele historische und v.a. gemauerte Gebäude stürzten ein.
Besonders eindrücklich sind die Interviews, die im Nachhinein mit verschiedenen Betroffenen geführt wurden. Die gehen einem sehr nahe und nicht wenige Besucher greifen zum Taschentuch oder halten sich während des Zuhörens an den Händen.

Das Hauptproblem beim allgemeinen Wiederaufbau war die Bodenverflüssigung: Christchurch liegt in einem küstennahen Schwemmgebiet, das trockengelegt wurde. Der Boden besteht hauptsächlich aus maritimen Sedimenten und Sand, der während des Bebens große Wassermassen aufgenommen hatte und die Standfestigkeit der Häuser gefährdete. Die Häuser sind regelrecht abgesoffen, manchmal bis zu 50cm.

Nach dieser Heavy-Kost sind wir froh, dass die Sonne wieder scheint, als wir aus dem Museum treten. Wir schnappen uns das nächste Tram und fahren wieder ein paar Stationen damit.

Jeder der Tramfahrer gestaltet seine Ausführungen zu den Sehenswürdigkeiten am Rand der Geleise etwas anders. Die einen haben viel und guten Humor. Muss man wohl haben, wenn man tagtäglich dieselben Sachen erzählen muss. Es ist jedenfalls sehr unterhaltsam. 🙂

Wir streifen durch die Strassen der „neuen“ Stadt. Es hat immer noch viele Parkplätze, denn überall dort, wo früher Gebäude standen und nicht wieder aufgebaut wurden, hat es nun einen Kiesplatz. Die Container-Dörfer sind jedoch mehrheitlich wieder verschwunden. Sie dienten nicht nur als Ersatzgebäude, sondern haben z.T. auch noch stehende Gebäude abgestützt.

Es ist etwas eigenartig, in der Stadt herumzuwandern. Man muss sich vorstellen, dass man wie in einem neuen Quartier ist, in dem fast alle Gebäude zur gleichen Zeit aufgebaut wurden. Alle sind modern, es hat viel Glas. Erst seit dem Beben gibt es eigentliche Apartment-Häuser in Christchurch, vorher hatte jeder sein Haus. Dies ergibt ganz neue Herausforderungen für die Stadt.

Nachfolgend einige Impressionen von unserem Stadtrundgang.

Bridge of Remembrance: Sie führt über den Avon River. Der Torbogen ist ein Kriegsdenkmal für die in allen Kriegen gefallenen Soldaten.
Auf unserem Stadtrundgang entdecken wir viele Graffiti älteren und jüngeren Datums.Das FLARE Festival hat die Streetart neu belebt.
Überall findet man Kunstwerke, oft unübersehbar grosse.
Ferrier-Brunnen vor dem Rathaus in Christchurch
Toiletten müssen nicht immer versteckt und unscheinbar sein, dass man sie kaum findet. Oder? Und das Gendern können die Neuseeländer schon viel besser als wir.

Obwohl wir viel mit dem Tram gefahren sind, haben wir doch einige Schritte gemacht heute. Kurz vor 17 Uhr kehren wir zurück ins B&B, um ein bisschen abzuhängen. Für unser letztes Nachtessen in Neuseeland gehen wir um die Ecke ins Restaurant der Christchurch Art Gallery. Ein guter Entscheid und ein schöner, feiner Abschluss unserer Ferien.

Abendessen: The Thursty Peacock, Christchurch
Unterkunft: The Grange Boutique B&B, Christchurch