Kuhleasing/Alppatenschaft 2016-2022

2016 habe ich meine erste Kuh geschenkt bekommen von Peter. Nein, natürlich lag sie nicht eingepackt unter dem Christbaum. Und so richtig gehörte sie mir auch nicht während jeweils eines Monats. Aber Gotti einer Kuh zu sein ist trotzdem toll. 5 Jahre lang habe ich jeweils eine Kuh bei http://www.kuhleasing.ch geleast. Die Kühe, die bei dieser Organisation dabei sind, leben alle im Grossraum Berner Oberland. Als Gotti kann man die Kuh auf der Alp besuchen und Ende Saison bekommt man 2kg Käse vom Eigentümer.
Meine 1. Kuh hiess Koralle und graste auf der Alp Tschingelfeld oberhalb der Axalp.

Alp Tschingelfeld ob der Axalp

 

 

 

 

Sie war eine erfahrene Kuh, hatte 10 Jahre auf dem Buckel. Als wir auf der Alp ankamen, bekamen wir einen Zwipf, danach mussten wir eine gute Stunde weiter bergauf wandern. Bald war der Weg zu Ende, aber von den Kühen war noch nichts zu sehen. Ueber Wiesen, teils sumpfig und v.a. sehr högerig, ging es weiter bergauf. Eine kleine Ahnung, wie Koralle aussieht, hatte ich. Es war eine Simmentaler Kuh. Zudem wussten wir die Nummer ihrer Ohrmarke. Der Bauer konnte uns kurzfristig nicht begleiten, weil er die Rinder noch auf eine andere Wiese verschieben musste.
Einige Kühe erreichten wir unterdessen, doch meine war da nicht dabei. Weit oben grasten noch drei. Und man darf 3x raten, welche meine war. Genau, es war die zuoberst, aber wirklich eine ganz schöne.

Koralle, geb.2006

Nach Foto-und Videotime mussten wir uns sputen, wieder zurück zur Alp zu kommen. Es begann bald zu nieseln. Der Bauer hatte uns nicht umsonst alleine hoch geschickt, denn das Wetter schlug um. Da gibt es Wichtigeres, als Kuhleaser zu begleiten. Trotz des feuchten Endes war es ein toller Besuch.
Die 2. Kuh, Enzian, leasten wir oberhalb Sörenberg auf der Alp Arni-Schwand hinter dem Brienzer Rothorn. Da ich damals nicht so gut zu Fuss war, las Peter eine Alp aus, die weniger weit von der Strasse, sprich vom Parkplatz entfernt den Sommer verbrachte. Aber natürlich war auch diese Kuh nicht um die Alphütte herum am Grasen, sondern auf der oberen Alp. Galtkühe können mehr oder weniger allein gelassen werden, da sie nicht mehr gemolken werden. (Sie sind tragend, deshalb melkt man sie nicht mehr 2-3 Monate bevor sie kalbern). Diesmal wurden wir begleitet, deshalb erfuhren wir wieder einiges Neues über Kühe und den Alpsommer.

Enzian, geb. 2009

Mit der Zeit hat man eine Vorliebe für die eine oder andere Rasse. Enzian war nicht meine Favoritin, auch sie hatte keine Hörner. Nachdem ich diverse Bücher über Kühe gelesen hatte, wurde es mir immer wichtiger, dass sie Hörner haben, denn diese gelten neben der Kommunikation auch zur Abwehr. Und Kühe sehen doch wirklich viel besser aus mit Hörnern. Peter achtete deshalb das nächste Jahr darauf, eine Kuh mit Hörnern auszulesen.
2018 ging es ins Simmental auf die Alp Schiltenegg. Die Anfahrt war weit, sehr weit, aber wie überall lohnte es sich. Mit wunderbarer Aussicht wurden wir auch hier belohnt und mit einer ebenso wunderbaren Aelplerfamilie. Der Dialekt war anfangs nicht ganz einfach zu verstehen, aber trotzdem verstanden wir uns prächtig. Dort käsen sie während ca. 10 Wochen noch fast wie zu Grossmutters Zeiten. Wir haben einen Eindruck bekommen, welch aufwändige und strenge Arbeit hinter dem Bauern-/Alp-/Käserleben steckt.

Meine Kuh hiess Lolita, eine wunderschöne braune Hornkuh. Sie gehört Christine, welche sie von ihrem Mann geschenkt bekam und auf welche sie sichtlich stolz ist.

Daneben hatten sie auch Fleckvieh. Lolita hatte mir so gut gefallen, dass ich sie das nächste Jahr wieder leasen wollte, doch jemand anders war mir zuvorgekommen. Ich war ein bisschen traurig, so dass Christine versuchte, Luana, Lolitas Tochter auch fürs Leasing anzumelden. Sie war allerdings noch ein Rind – aber tragend. Und so klappte es doch nochmal mit der Schiltenegg. Luana war mindestens ebenso schön wie Lolita, aber natürlich jünger. Ihre Ohren waren so flauschig, wirklich eine Schönheit.

Für mich war klar, Lolita oder Luana nehme ich gerne auch noch ein 3. Mal. Mit Christine blieb und bin ich über WhatsApp immer noch in Kontakt. Ihre schönen Statusbilder erfreuen mich noch heute. Als Luana im Herbst kalberte, gab es praktisch ein Live-Video von der Geburt.

Nach 3x Schiltenegg ging ich dieses Jahr fremd. Die Anfahrt bis oberhalb vom Sparenmoos war einfach elend weit. Peter fand bei Alpspektakel Prättigau eine ähnliche Art, eine Patenschaft für Kühe einzugehen. http://www.alpspektakel.ch Die Konditionen sind etwas anders, aber mit etwas über einer Stunde Anfahrt ist das Prättigau einfach viel einfacher zu erreichen. 2021 hatte es noch nicht geklappt, die Hornkühe waren dermassen schnell vergeben. Eine andere wollte ich aber nicht. So verschoben wir das Ganze um ein Jahr.
Am 16./17. August war es nun soweit: das Wetter vom Feinsten!
Ich bin für dieses Jahr Gotti von Karin. Sie gehört zur Rasse Schweizer Braunvieh, welche sich sowohl für die Milch- als auch für die Fleischproduktion eignet. Vor einigen Jahren gab es nur noch etwa 400 Stück, nun gibt es doch wieder über 2000 Tiere dieser Rasse.
Karin gehört Vali und Käthi aus Jenaz. Treffpunkt Bahnhof Jenaz, 13 Uhr. Pünktlich hält ein Auto neben meinem Parkplatz und aus dem Auto spricht mich ein Mann an. Ich vermute, dass dies „mein Bauer“ ist, verstehe aber zuerst wirklich nur Bahnhof. Auf einen solch starken Dialekt war ich nicht gefasst. Da ist Walliserdeutsch grad einfach. Mutig steige ich mit meinem Gepäck in sein Auto, obwohl ich nicht 100% sicher bin, ob ich mit meinem Gefühl richtig liege. Oberhalb vom Dorf mit super Aussicht ins Prättigau halten wir vor einem Bauernhaus. Käthi erwartet uns. Ich kann mein Gepäck deponieren,  wechseln ein paar Worte und nach einer kühlenden Stärkung geht es mit Vali per Auto weiter den Berg hoch, um Karin auf der Alp zu besuchen. Wir fahren auf einem schmalen Waldsträsschen (kreuzen kann man nur an wenigen Stellen) in Serpentinen etwa eine Dreiviertelstunde hinauf bis zur oberen Alp Larein. Dort nehmen wir die Füsse unter die Beine. Auf einem stotzigen Bergwanderweg geht es steil hoch. Die Aussicht in die nahen Fideriser Heuberge, Richtung Silvretta aber auch Richtung Schweizertor ist gewaltig.

Blick Richtung Silvretta

Nach über 90 Minuten erreichen wir ein Bergseeli, welches jedoch bestimmt auch schon voller war. Die Trockenheit dieses Sommers ist auch hier gut sichtbar.

Karin

Es geht noch weiter hoch, dies sind alles nicht Valis Kühe. Erst auf dem Grat, auf 2300 müM, wo es steil hinten hinunter nach Trimmis geht, entdecken wir sie. Wie könnte es auch anders sein, meine Patenkuh steht natürlich wieder einmal zuoberst. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Karin ist tragend, was deutlich sichtbar ist. Ob es wohl Zwillinge gibt? Wir werden es sehen.

Der lange Aufstieg hat sich auch hier gelohnt. Nach ein paar Krauleinheiten und dem Fotoshooting geniessen wir den Rundumblick. Neben Karin sind noch zwei weitere Kühe von Luzis in der Nähe, auch Gurt, eine speziell mächtige Kuh.

Vali entdeckt von blossem Auge, dass sich weit weg einige Hirsche in den Hängen aufhalten. Zum Glück habe ich den Feldstecher dabei. Plötzlich sehe auch ich immer mehr dieser prächtigen Tiere, es sind gewiss an die 30 Stück. Auch eine Gämse sucht im Schuttkegel nach den besten Kräutern.
Mittlerweile habe ich mich an den Prättigauer-Dialekt gewöhnt. Es ist interessant, was Vali alles weiss über Landschaft, Landwirtschaft und die Jagd. Gemütlich geht es auf gleichem Weg wieder hinunter zum Auto und zurück zu seinem Heim. Unterwegs machen wir noch einen Abstecher zur unteren Alp, bzw. zur Sennerei. Die Sennerin nimmt sich Zeit, mir ihre Arbeit zu erklären und zu zeigen. Gerade erwarten sie die Milch von der benachbarten Alp, welche per Pipeline in ca. 50 Minuten bei ihnen ins Kühlbecken läuft, bevor sie dann zu Käse, Butter, Joghurt oder Ziger verarbeitet wird. Das Saisonziel von 9500kg Käse haben sie bald erreicht. Man hört ihren Stolz und ihre Freude über ihre Arbeit heraus. Die Frau und ihr Team sind topfit. Sie verköstigt uns noch mit feinem heurigen und letztjährigem Käse. Gaaanz fein!! Da kann ich mich freuen auf die 10 kg.
Käthi und ihr Golden Retriever Eveline erwarten uns mit einem wunderbaren Plättli.

Mhh!

Nach dem Käse von der Sennerei ist dies bereits der 2. Apéro und sie kündigt uns noch Aelplermagronen an.  Unsere Bäuche kommen an ihre Grenzen, aber alles ist meegafein. Nach einem ereignisreichen Tag fallen wir müde in unsere Betten.
Am nächsten Morgen und einem tollen Frühstück geht Vali heuen. Ich unternehme mit Käthi und Eveline auf einen Spaziergang ums Dorf. Käthi kann mir zu jedem Haus etwas berichten, sie weiss so viel. Auf diese Weise lerne ich Jenaz-Pragg kennen, ein Dorf, an dem ich bis jetzt auf dem Weg in die Skidestinationen Klosters-Davos immer vorbei gefahren bin. Herzlichen Dank den beiden, welche sich so viel Zeit genommen haben!!!
Ich freue mich schon, die beiden nach unserer Reise wieder zu treffen, wenn ich den Käse abholen darf.