22.10.2022 (Samstag, Tag 49) Auckland – Waipoua Forest

Noch einmal haben wir das tolle Badezimmer mit geheiztem Fussboden genossen bei Therese und Bart.  Jetzt heisst es Abschied nehmen von ihnen und von Zubaidi, ihrem Greyhound. Während des Frühstücks plaudern wir nochmals ausgiebig mit ihnen, deshalb fahren wir schliesslich eine Stunde später ab als geplant.
Peter hat es letztlich geschafft, unser Auto für die Mautstrassen-Benützung zu registrieren, somit können wir auch allweilige Abkürzungen fahren. Zuerst geht’s jedoch über die Harbour-Bridge.

Die Brücke ist nur in der Mitte erhöht, damit die grossen Schiffe untendurch passieren können.

Das Verkehrsaufkommen ist recht gross, aber wir denken uns noch nicht viel dabei. Bald fängt die Toll-Road an, nicht wenige biegen vorher von der Autobahn ab. Bloss, weil es etwas kostet? Nein- die wussten mehr als wir – denn nach kurzer Zeit stehen wir im Stau. Und dieser ist nicht zu klein. Da Labour-Weekend ist, haben alle ein verlängertes Wochenende, und alle wollen an die nächstgelegene Beach. Gutes Wetter ist auch angesagt.
Wir verlieren durch den Stau eine Stunde. Und das mit der Abkürzung ist auch ein Witz. Fertig sind von der Umfahrungs-Schnellstrasse nämlich erst 7.5 km, der Rest (18.5 km) ist noch im Bau. Für uns Einsparung = 0, im Gegenteil. Erst kurz vor 14 Uhr kommen wir im Kauri *-Museum, dessen Besuch uns Bart wärmstens empfohlen hat, an. Am Eingang sagt man uns, dass wir uns schon 1.5 Stunden Zeit nehmen sollten. Da wir auch noch nichts gegessen haben, und der Weg zur Unterkunft auch noch ein gutes Stück entfernt ist, beschliessen wir, auf den Besuch des Museums zu verzichten. (Ev. können wir ihn noch nachholen, wenn wir ca. 1 Woche später Richtung Süden fahren). Lieber gemütlich, als gestresst durch die Ausstellung hetzen.

Nachdem die meisten anderen Verkehrsteilnehmer irgendwo an eine Beach abgebogen sind fürs WE ist es bedeutend ruhiger auf der Strasse und wir erleben zum ersten Mal Neuseeland abseits der Grossstadt Auckland. Es ist wahnsinnig grün und wahnsinnig hügelig. Zum Fahren wie auf einer Berg- und Tal-Bahn. Überall entlang der Strasse werden Kumara angeboten, das sind Süsskartoffeln.

So kommen wir kurz vor 16 Uhr in der Waipoua Lodge, unserem neuen Domizil für zwei Nächte, an. Ann empfängt uns, eine Frau in unserem Alter, bodenständig, guter Humor. Wir verstehen uns gleich prächtig. Sie zeigt uns das ganze Haus, den auch hier riesigen Garten und unser „Häuschen“. Fantastisch! Wir fühlen uns sofort wie zuhause.

Wir übernachten im ehemaligen Schafwoll-Lager. Unter dem Haus befinden sich noch Überbleibsel der alten Scherstationen.

Ein bisschen relaxen, ankommen, und um 17 Uhr sitzen wir zusammen mit einem amerikanischen Pärchen, das die Flitterwochen in NZ verbringt, im Speiseraum. Wir müssen heute nämlich früh essen, denn eine Nachtexkursion im Waipoua Forest ist angesagt. Diese beginnt um 18.30 Uhr, die Fahrt dorthin beträgt laut Ann 20 Minuten, so dass wir uns kurz nach 18 Uhr auf den Weg machen müssten.
Wir haben per Email zwei Gänge bestellt, eine Süsskartoffel-Suppe (Kumara) zur Vorspeise und Lamm und Beef als Hauptgang. Die Suppe ist sehr fein, alles ist mit viel Liebe angerichtet. Mit dem Fleisch-Braten hat’s Ann wohl nicht so, schade. Da ist nichts mehr rosa.

Nach dem Essen gehen wir uns noch kurz umziehen für die Exkursion und dann fahren wir los. Ann meinte, wir könnten es auf keinen Fall verfehlen, es sei gleich an der Strasse und eben: 20 Minuten Fahrt.
Kaum losgefahren sind wir im Wald, also Regenwald. Es ist schon recht dunkel, obwohl die Sonne noch scheint, aber sie kommt nur selten durch den dichten Busch. Wenn sie durchscheint, blendet sie dermassen, dass Peter ein paarmal richtig auf die Klötze muss, weil wir gar nichts mehr sehen. Die Strasse ist extrem würmlig, Kurven ohne Ende, bergauf, bergab, Brücken. Irgendwann gibt es eine Abzweigung zum Visitor Center, das um diese Zeit natürlich geschlossen hat. Aber da wollen wir ja auch nicht hin. Also weiter. Nach 20 Minuten, es hat auch fast keinen Gegenverkehr, breitet sich langsam Unsicherheit aus bei uns, ob wir überhaupt auf der richtigen Strasse sind. Schliesslich, es ist bereits 18.30 Uhr, entscheiden wir uns umzukehren. Vielleicht wäre es doch Richtung Visitor Center gegangen. Mann, ist das peinlich. An einem geeigneten Ort kehren wir um und fahren die ganze Strecke zurück, diesmal in einem Höllentempo. Formel 3 Feeling, ich muss mich schon mit dem Ellenbogen am Fenster abstützen. Wir biegen zum Visitor Center ab und folgen dieser Strasse, müssen jedoch feststellen, dass auch hier keine Gruppe am Strassenrand wartet oder ihre Autos parkiert hat (inkl. dem amerikanischen Pärchen aus unserer Lodge).
Stimmung am Boden, Nerven am Ende. Wir nehmen all unsere Unterlagen, die wir im Auto zur Verfügung haben zur Hand und  –   sehen, dass wir doch auf der richtigen Strasse gewesen wären am Anfang. Also haben wir die Würmlistrasse ein 3. Mal in verbrecherischem Tempo absolviert. Es hätten beim 1. Mal nur noch zwei Kurven gefehlt und wir wären am richtigen Ort gewesen.

Es ist mittlerweile 19 Uhr. In der Ferne hören wir Maori-Gesang. Wir wetzen zum Eingang, der allerdings mit Ketten abgesperrt ist, hechten darüber und absolvieren das Prozedere, um unsere Schuhe zu reinigen (Bürste und Desinfektion).

Da viele Kauri-Bäume von einem Pilz befallen sind, welcher sie von der Wurzel her schwächt, bis sie sterben, versucht man nun verzweifelt, sie zu schützen. D.h. eben einerseits dieses Prozedere und andererseits darf man nur noch auf angelegten Wegen durch den Wald laufen, damit ihre Wurzeln nicht verletzt werden.

Auf einem Steg eilen wir weiter und schon bald stossen wir zu „unserer“ Gruppe, die aufmerksam einem Maori-Guide zuhört, der ihnen Wissenswertes zu Kauri-Bäumen im Allgemeinen und zu den hier ganz speziellen Riesen, welche für die Maori eine grosse Bedeutung haben, erzählt. Die grössten Kauri-Bäume haben alle Namen. Die Grösse wird aufgrund des Holzvolumens bestimmt.

Hier stehen wir vor Tane Mahuta, dem Gott des Waldes. er gilt als grösster Baum Neuseelands und ist den Maori heilig. Der Kauri wächst bolzengerade hinauf und wirft seine unteren Äste immer ab, bis er über der letzten Baumschicht angelangt ist. Erst dann wächst er in die Breite.

Danach gehen wir zurück zum Parkplatz, um zu zwei weiteren Kauri-Bäumen zu fahren. Es zeigt sich, dass fast die Hälfte der Gruppe gar nicht zur gebuchten Tour gehört hat, sondern einfach mitgelauscht hat. Unterdessen ist es schon recht dunkel. Billyboy, so heisst der einheimische Guide, lässt uns bei einer geschlossenen Barriere hineinfahren. Auch hier absolvieren wir wieder das Reinigungs-Prozedere und machen uns dann auf den Weg zu Te Matua Ngahere (Vater des Waldes), dem zweitgrössten Kauribaum. Er ist zwar niedriger als Tãne Mahuta, aber hat den grössten Stammumfang. Auf dem Baum wachsen 50 weitere Pflanzenarten.
Fotos können wir auf dieser Nachtexkursion nun keine mehr machen, da es zu dunkel ist, aber man sieht immer noch genug auf diesem Bush-Walk. Es ist eine wundervoll friedliche Stimmung. Auf dem angelegten Weg spricht Billyboy über die Bäume und den Respekt, den man nicht nur ihnen, sondern überhaupt der Natur und den Menschen gegenüber haben soll. Manchmal spielt er auf seiner Flöte oder singt in Maorisprache ein Lied. Die Plattformen sind immer ein paar Meter vom Baum entfernt, sonst könnte man seine Grösse gar nicht erfassen. Im stockdunklen Wald können wir nun sogar Glühwürmchen ausmachen. Einen Moment geniessen alle ehrfürchtig die Stille vor dem imposanten Riesen, dann geht es wieder zurück zur Strasse. Es gibt eine herzliche Verabschiedung von Billiboy, welcher seine Sache gut gemacht hat.

Gegen halb 10 Uhr sind wir wieder zurück in der Lodge. Es war ein langer Tag und so geht es nicht lange, bis wir in unsere weichen, geheizten Betten fallen.

Abendessen und Übernachtung: Waipoua Lodge, Waipoua Forest